Ansprache anlässlich der Einweihung des Hochmeisterpavillons am 1. Advent 2022

Ansprache anlässlich der Einweihung des Hochmeisterpavillons am 1. Advent 2022

Ansprache anlässlich der Einweihung des Hochmeisterpavillons am 1. Advent 2022

# Anbau

Ansprache anlässlich der Einweihung des Hochmeisterpavillons am 1. Advent 2022

Meine Damen und Herren, liebe Freunde,

ist das Kirche … oder kann das weg. So ähnlich lautet die Frage, mit der sich Menschen in Gemeindeleitungen seit mindestens 20 Jahren immer wieder auseinandersetzen müssen. Die Zahl der Kirchenmitglieder geht stetig zurück und damit auch der finanzielle Spielraum, das Gemeindeleben zu gestalten. Können wir unter diesen Bedingungen noch Ortsgemeinde sein, also eine Gemeinde für alle Menschen an unserem Ort – Halensee, oder müssen wir uns mit unserem Profil einschränken – auf bestimmte Alters- und Zielegruppen und andere Menschen auf andere kirchliche Orte verweisen?

Gleichzeitig zu diesen Fragen nach dem „Weniger“, haben wir erfreut festgestellt, dass die Nachfrage nach dem, was wir anbieten, nicht geringer wurde. Wir feiern unverändert gut besuchte Weihnachts- und Konfirmationsgottesdienste mit hunderten von Besuchern. Unsere großen Aufführungen der Kirchenmusik und der Gemeindejugend und bei unserem Kulturfestival locken sehr viele Besucher in die Kirche. Oder auch bei der Laib-und-Seele-Lebensmittelausgabe sind jeden Mittwoch sehr viel Menschen in diesem über hundert Jahre alten Gebäude. Bei all dem tat sich ein profanes, aber nicht unwichtiges Problem auf: eine einzige, ein Quadratmeter große, Toilette ist für solche Mengen eine Zumutung. Und das für eine Gemeinde, in der die Kirche in ganz ausdrücklicher Weise Mittelpunkt des Gemeindelebens ist.

2008 hat sich eine kleine Gruppe getroffen, um nach Lösungen für dieses Problem zu suchen. Wir sind außerordentlich froh, dass wir mit Nina Nedelykov und Pedro Moreira ein Architekturbüro gefunden haben, das sich mit uns gemeinsam auf den Weg gemacht und einen sehr überzeugenden Vorschlag entwickelt hat. Es wurde sehr schnell deutlich, dass eine Lösung im Bestandsgebäude nicht möglich war – schon gar nicht behindertengerecht. Es wurde auch deutlich, dass uns von dem, was wir für unseren Kirchgarten hielten, nur ein Bruchteil gehört. Am Ende ist ein Entwurf entstanden, der die gewünschte Toilettenanlage zusammen mit Lagerräumen und einer Küche unter die Erde verlegt hat. Als Krönung sollte es einen Glaspavillon geben, einen gläsernen Übergang in die Kirche, und einer äußerst charmanten Gesamtlösung für den barrierefreien Zugang zur Kirche.

Zum 100-jährigen Kirchweihjubiläum 2010 wurde der Gemeinde ein Modell präsentiert – und dem GKR eine Kostenschätzung. Wie sollte dieses Projekt finanziell gestemmt werden? Alle reden bei Kirche vom Abbauen und wir wollen anbauen??? Lange schien dies eine schöne Utopie zu sein – ein Luftschloss, das niemals Wirklichkeit werden würde. Doch dann haben sich die Gemeinden Jona und Hochmeister entschlossen zu fusionieren. Und die Verantwortlichen beider Gemeinden beschlossen, die alte Jona-Kirche als Gemeindestandort aufzugeben und ins Finanzvermögen der fusionierten Gemeinde zu überführen. Das war für viele ein schmerzhafter Prozess – hier wurde getauft und konfirmiert, Weihnachten und Ostern gefeiert, gefeiert und getrauert. Die Hauptverantwortlichen in Jona waren Pfarrerin Jutta Schreuer und der GKR-Vorsitzende Jürgen Wandel. Dass diese beiden damals diesen Schritt gegangen sind, um evangelisches Leben in Halensee langfristig finanziell abzusichern, verdient gerade heute äußersten Respekt und großen Dank!

Unter diesen neuen Bedingungen war es für den GKR der fusionierten Gemeinde verantwortbar, den Traum vom Hochmeisterpavillon Wirklichkeit werden zu lassen. Eine Taskforce Anbau wurde gegründet – eine Art Bau-AG. Das klingt erstmal großartig: Die Arbeit für ein solches Projekt wird gleichmäßig auf mehrere Schultern verteilt. Aber die anderen Mitglieder, neben mir sind das Cornelia Benus-Dreyer, Melanie Gingold und Bärbel Tech, sind sich glaube ich einig, dass das so nicht gelaufen ist. Der allergrößte Mammutanteil der Baubegleitung seitens der Gemeinde ist durch das enorme ehrenamtliche Engagement unseres Baubeauftragten Jan Langer erfolgt. Lieber Jan, ohne diese Arbeit, ohne deine unzähligen Rechnungen, E-Mails, Besprechungen, Entscheidungen, Berichte und Beschlussvorlagen, ohne Deine Hartnäckigkeit, Deine Geduld und nicht zuletzt ohne Deine fachliche Kompetenz wäre der Hochmeisterpavillon nicht Wirklichkeit geworden. Im Namen der gesamten Gemeinde Danke ich Dir für dieses Werk an Deiner Kirche! Dieser Dank gilt auch Deiner Frau und Deinen Kindern, die auf Dich in all den Stunden verzichten mussten, die Du in diesen Pavillon investiert hast.

10 Jahre nachdem das Model in der Kirche aufgestellt wurde, gab es den ersten Spatenstich – Herbst 2020, mitten in der Pandemie. Und auch unter Pandemiebedingungen, aber ausgesprochen feierlich haben wir am 30.04.2021 den Grundstein gelegt. Dass es dann noch so lange dauern würde, bis wir eröffnen können, hätte wohl damals keiner gedacht. Aber vor einem Monat hat uns Melanie Gingold aus der Bau-AG Mut gemacht. Aus dem Abreißkalender ihrer Tochter Emilia haben wir gelernt, dass zwischen der Grundsteinlegung und der offiziellen Vollendung des Kölner Doms 632 Jahre vergangen sind. Was sind da anderthalb Jahre?

Ist das Kirche – oder kann das weg. Mit diesem Pavillon an unserer 112 Jahre alten Kirche demonstrieren wir – wir sind gekommen, um zu bleiben. Wir wollen weiter Kirche am Ort, mit und für unseren Kiez, sein. Aber dieses Bauwerk symbolisiert auch, dass Kirche sich immer verändern muss, um für die Menschen da zu sein. Ohne Veränderung, hätte es den Hochmeisterpavillon nicht gegeben. Und so, wie dieses Bauwerk aus den alten Mauern unserer Kirche herauszubrechen scheint, müssen und wollen auch wir immer wieder als Gemeinde nach außen in unseren Kiez strahlen und wirken - wollen auch wir nicht nur darauf warten, dass die Menschen zu uns hineinkommen, sondern wollen wir auch hinausgehen. Dazu gilt es jetzt, liebe Freunde in unserer Gemeinde, dass wir dieses Geschenk annehmen, einnehmen und was immer an Gemeindeaktivität dort möglich ist, in unserem neuen Hochmeisterpavillon stattfinden lassen, damit wir mit all dem, was uns Gemeinde Gottes sein lässt, hinauswirken in den Ort, an dem wir Kirche sind. Lasst uns heute damit beginnen!

Timo Wolff
(Vorsitzender des Gemeindekirchenrats)

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